Wie funktionieren Fenster mit Zwangsbelüftung?

Alles, was du über Fensterfalzlüfter & Co. wissen musst

Moderne Gebäude werden immer dichter – was gut für die Energieeffizienz ist, aber oft Probleme beim Luftaustausch mit sich bringt. Früher sorgten undichte Fenster und Fugen für eine natürliche Belüftung, heute müssen technische Systeme diese Aufgabe übernehmen. Fenster mit Zwangsbelüftung sind eine weit verbreitete Lösung, um für kontrollierte Frischluftzufuhr zu sorgen. In diesem Ratgeber erfährst du, wie sie funktionieren, welche Vor- und Nachteile sie haben und worauf du bei Planung, Einbau und Nutzung achten solltest.

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Was ist die Zwangsbelüftung von Fenstern und warum ist sie nötig?

Gemäß den aktuellen Standards für energieeffizientes Bauen und Sanieren müssen Gebäude möglichst luftdicht konstruiert werden. Das spart Heizenergie und schont das Klima. Jedoch findet durch diese nahezu hermetische Bauweise kein natürlicher Luftaustausch mehr statt, wie er früher durch undichte Fenster und Fugen gegeben war. Feuchtigkeit, verbrauchte Luft, Schadstoffe und Gerüche können sich dadurch im Raum anreichern – mit negativen Folgen für Wohnklima und Bausubstanz.

Um Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung vorzubeugen, sind daher zusätzliche mechanische oder bauliche Lüftungsmaßnahmen unverzichtbar. Die DIN 1946-6 schreibt für Neubauten und energetische Sanierungen ein Lüftungskonzept vor, das den notwendigen Mindestluftwechsel sicherstellt. Eine Zwangsbelüftung ist eine lüftungstechnische Maßnahme, die diesen kontinuierlichen Luftaustausch gewährleistet – und, wie der Name schon sagt, nicht durch Bewohnende deaktiviert oder verhindert werden kann. Ihr Hauptzweck ist es, überschüssige Feuchtigkeit abzutransportieren, die Bildung von Schimmel zu vermeiden und die CO₂-Konzentration in den Räumen zu reduzieren, um ein gesundes Raumklima zu schaffen.

Meist versteht man unter einer Zwangsbelüftung ein Lüftungskonzept mit Fensterfalzlüftern, die direkt in den Falzbereich integriert werden. Diese kleinen, unauffälligen Elemente lassen bei geschlossenem Fenster kontrolliert Frischluft einströmen, um den geforderten Mindestluftwechsel sicherzustellen. Dabei handelt es sich um ein passives Lüftungssystem, das ohne Strom auskommt – es nutzt lediglich physikalische Prinzipien wie Winddruck und Thermik, um eine gleichmäßige Frischluftzufuhr in geschlossene Räume zu ermöglichen.

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Wie funktionieren Fenster mit Zwangsbelüftung?

Die Funktionsweise der Zwangsbelüftung lässt sich am Beispiel eines klassischen Fensterfalzlüfters gut erklären. Grundlage ist eine Druckdifferenz zwischen Innen- und Außenluft, die durch Wind oder thermische Auftriebskräfte entsteht. So kann Frischluft auch bei geschlossenem Fenster kontrolliert in den Raum gelangen. Der Luftstrom unterstützt dabei die natürliche Querlüftung im Gebäude, die stets von der Winddruckseite zur Windsogseite verläuft.

Schritt 1 - Lufteinlass

Auf der Winddruckseite des Gebäudes strömt Frischluft durch Lüftermodule im unteren Blendrahmenbereich in den Falzraum des Fensters ein. Der Falzraum ist der Hohlraum zwischen Fensterrahmen und -flügel, der entsteht, wenn beide Profile beim Schließen ineinandergreifen.

Schritt 2 - Vorerwärmung

Die eingetretene Luft wird durch den horizontalen und vertikalen Fensterfalz geleitet, der als eine Art Luftkanal fungiert. Beim Aufsteigen im geschützten Falz erwärmt sich die kühle Außenluft.

Schritt 3 - Filterung

Grobe Partikel und Insekten werden durch integrierte Gitter oder schmale Spalte zurückgehalten, bevor die Frischluft ins Rauminnere gelangt.

Schritt 4 - Druckregulierung

Durch Regelklappen wird die Frischluft kontrolliert in den Innenraum geleitet. Die kleinen, pendelnd gelagerten Klappen oder Membranen schließen sich bei starkem Winddruck von selbst und verhindern so unangenehme Zugerscheinungen oder zu starken Lufteintritt bei stürmischem Wetter.

Schritt 5 - Zirkulation

Die zugeführte Frischluft verteilt sich im Raum, nimmt Feuchtigkeit und Schadstoffe auf und durchströmt den Raum in Richtung der Abluftbereiche.

Schritt 6 - Luftaustritt

Die verbrauchte Luft gelangt meist über Überströmöffnungen in den Innentüren zur Windsogseite des Gebäudes, wo sie über weitere Fensterfalzlüfter nach draußen befördert wird – alternativ übernehmen zentrale Abluftanlagen (z. B. in Bad, WC oder Küche) diese Aufgabe. So entsteht ein minimaler, aber kontinuierlicher Luftwechsel im gesamten Gebäude.

Welche Vor- und Nachteile hat die Zwangsbelüftung von Fenstern?

Auch wenn Fensterfalzlüfter viele Vorteile bieten, sind sie nicht in jedem Gebäude die perfekte Lösung. Die folgende Übersicht der Vor- und Nachteile hilft dir, die richtige Entscheidung für dein Zuhause zu treffen:

Vorteile:

  • Feuchteschutz: Reduziert Luftfeuchte ohne manuelles Lüften und beugt Schimmel vor.
  • Luftqualität: Führt kontinuierlich Frischluft zu und senkt CO₂- sowie Geruchslasten.
  • Energiebedarf: Arbeitet rein passiv durch Winddruck und Thermik – benötigt weder Strom noch andere Energiequellen.
  • Kostengünstige Nachrüstung: Kann oft unkompliziert und relativ preiswert in bestehende oder neue Fenster integriert werden.
  • Verdeckte Montage: Von innen und außen kaum sichtbar, was der Ästhetik des Fensters zugutekommt.
  • Geringer Wartungsaufwand: Weitgehend wartungsfrei – gelegentliches Reinigen der Einlassschlitze genügt.
  • Zugluftschutz: Drosselt den Luftstrom bei starkem Wind, was Zuglufterscheinungen reduziert.


Nachteile:

  • Wärmeverlust: Dauerhafter Grundluftaustausch erhöht minimal die Heizwärmeverluste.
  • Schallschutz: Außenlärm kann je nach Modell stärker wahrnehmbar sein (in lärmbelasteten Gegenden Schallschutzlüfter nötig).
  • Eingeschränkte Effizienz bei Windstille: Bei absoluter Windstille oder in windgeschützten Lagen (z. B. Innenhof) kann der Luftaustausch unter das erforderliche Minimum sinken.
  • Eintrag von Außenluftzuständen: Außenluft wird nahezu unverändert ins Gebäude geleitet – problematisch bei schadstoffbelasteten Wohnlagen (z. B. an Hauptstraßen) oder Allergien, z. B. Heuschnupfen.
  • Privatsphäre & Kontrolle: Dauerlüftung ist nicht individuell regulierbar – Mieterinnen und Mieter können das als Einschränkung empfinden.
  • Planungsaufwand: Erfordert ein abgestimmtes Lüftungskonzept (äquivalente Fläche, Winddrucksicherung).

Wann sind Fensterfalzlüfter Pflicht?

 

Die Pflicht zum Einsatz von Fensterfalzlüftern oder anderen lüftungstechnischen Maßnahmen ergibt sich aus der DIN 1946-6, die den nutzerunabhängigen Mindestluftwechsel in Gebäuden regelt. Sie schreibt vor, dass bei modernen, luftdichten Gebäuden ein ausreichender Luftaustausch sichergestellt werden muss – unabhängig davon, ob Bewohnende regelmäßig lüften oder nicht.

Die DIN 1946-6 gilt in folgenden Fällen:

  • Bei allen Neubauten von Wohngebäuden: Aufgrund der heutigen, sehr luftdichten Bauweise muss ein kontrolliertes Lüftungskonzept geplant und umgesetzt werden, um Feuchteschäden und Schimmelbildung zu vermeiden.

  • Bei Sanierungen im Gebäudebestand, wenn:
    • mehr als ein Drittel der Fenster in einer Nutzungseinheit (z. B. Wohnung) erneuert wird, oder
    • bei Ein- und Zweifamilienhäusern mehr als ein Drittel der Dachfläche neu abgedichtet oder gedämmt wird.


Zwar ist die DIN 1946-6 kein Gesetz im engeren Sinne, sie wird jedoch über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) – vormals Energieeinsparverordnung (EnEV) – verbindlich, da sie die anerkannten Regeln der Technik beschreibt. Wer also baut oder saniert, muss sicherstellen, dass der erforderliche Luftwechsel nachgewiesen und fachgerecht umgesetzt wird.

 

Wie und wo wird ein Fensterfalzlüfter eingebaut?

Fensterfalzlüfter werden in der Regel werkseitig in den Falzbereich des Fensterrahmens integriert. Der Lüfter verschwindet so nahezu unsichtbar im Hohlraum zwischen Fensterrahmen und Fensterflügel. Die Montage kann aber auch nachträglich erfolgen. Dazu wird ein schmaler Abschnitt der Dichtung entfernt, und der Lüftereinsatz wird in den Falz eingeschoben oder verschraubt. Der Einbau ist meist unkompliziert, sollte aber von einer Fachkraft vorgenommen werden, um die Dichtigkeit des Fensters im geschlossenen Zustand weiterhin zu gewährleisten.

Profi-Tipps – Das solltest du bei der Zwangsbelüftung von Fenstern beachten

Eine Zwangsbelüftung funktioniert nur dann zuverlässig, wenn sie Teil eines durchdachten Lüftungskonzeptes ist. Ein einzelner Fensterfalzlüfter allein sorgt nicht für ausreichenden Luftaustausch – entscheidend ist die Kombination mehrerer Lüfter an strategischen Punkten im Gebäude.

Querlüftung sicherstellen: Die Zwangsbelüftung funktioniert nur dann effektiv, wenn mindestens zwei – idealerweise gegenüberliegende – Fassadenseiten mit Fensterfalzlüftern ausgestattet werden. Die Luft muss auf der Winddruckseite (Luv) einströmen und auf der Windsogseite (Lee) ausströmen können.

Überströmbereiche in Innentüren: Die Luft muss innerhalb des Gebäudes zirkulieren können, weshalb Innentüren im geschlossenen Zustand luftdurchlässig sein sollten. Ein ausreichender Türunterschnitt oder eine Überströmdichtung (ÜSD) in der Tür sind hierfür notwendig.

Windrichtung berücksichtigen: Da der Winddruck je nach Lage wechselt, sollten die Lüfter so angeordnet werden, dass die erforderliche Luftmenge unabhängig von der Windrichtung erreicht wird.

Dimensionierung prüfen: Die Lüftergröße und ihre äquivalente Fläche müssen auf den berechneten Luftbedarf des Gebäudes abgestimmt sein.

Druckregulierung (Volumenstrombegrenzung): Achte darauf, dass die Lüfter über eine selbsttätige Begrenzung des Luftstroms (z. B. durch integrierte Regelklappen) verfügen. Dies verhindert bei starkem Wind unangenehme Zugluft im Raum.

Schallschutz beachten: In lärmintensiven Lagen sind Schallschutzlüfter empfehlenswert, um den Geräuschpegel niedrig zu halten.

Reinigung: Damit Fensterfalzlüfter dauerhaft reibungslos funktionieren, sollten die Lüftereinsätze regelmäßig von Staub und Schmutz befreit werden.

 

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